Künstliche Süßstoffe: Trügerische Hoffnungen

 

Wir lieben Süßes. Dummerweise hat Zucker einen großen Nachteil: Er macht dick. Jedenfalls wenn man zu viel davon nimmt. Außerdem ist Zucker schlecht für die Zähne und fürs Blut. Wie gut, dass es Zuckerersatzstoffe gibt! So kann man Süßes schlemmen, ohne dafür in Form negativer Folgen für Figur und Gesundheit zu bezahlen. Oder doch nicht? Eine aktuelle Studie rät zur Zurückhaltung.

 

Der Verbrauch der meist kalorienfreien künstlichen Zuckerersatzstoffe hat insbesondere in den letzten Jahren stark zugenommen. In Deutschland greift jeder und jede Zweite täglich zu Produkten mit künstlichen Süßstoffen. Als Gründe dafür werden unter anderem ein ernährungs- und kalorienbewusster Lebensstil aufgeführt. Aber lässt sich das Körpergewicht wirklich reduzieren, indem man einfach statt Zucker künstlichen Süßstoff in seinen Kaffee gibt oder mit einem Zuckerersatzstoff seine Süßspeisen zubereitet? Pointiert gefragt: Macht die gezuckerte Cola dick und Cola zero dünn? Schön wär´s! Bereits 2023 hatte die Weltgesundheitsorganisation in einer Empfehlung mitgeteilt, künstliche Süßungsmittel nicht als Ersatzstoff für Zucker zu nehmen, wenn es um Gewichtsverlust geht. Jetzt wird diese Aussage durch eine Studie unter Leitung der University of Southern California (USC), an der auch Forschende des Universitätsklinikums Tübingen, von Helmholtz Munich und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) beteiligt waren, untermauert. Wesentliches Ergebnis der Studie: Der übermäßige Konsum von künstlichen Süßstoffen, wie etwa Sucralose, wirkt im Gehirn appetitanregend, gerade bei Menschen mit Adipositas. Appetit und Hungergefühl steigen an. Wie kommt das? Die Erklärung der Wissenschaftler: Sucralose führt im Hypothalamus, einer wichtigen Schaltzentrale des Gehirns, zu einer gesteigerten Hirnaktivität. Dieser Bereich des Gehirns ist unter anderem für die Kontrolle der Nahrungsaufnahme und des Hungergefühls zuständig. Sucralose aktiviert genau diesen Bereich im Gehirn, und das steht wiederum in Verbindung mit einer stärkeren Bewertung des Hungergefühls. „Künstliche Süßstoffe, wie in unserem Fall Sucralose, können die Appetitregulierung im Gehirn in einem Maße beeinflussen, der sich nachteilig auf das Gewicht auswirkt“, erläutert Prof. Dr. Stephanie Kullmann aus der Tübinger Universitätsklinik für Diabetologie, Endokrinologie, Nephrologie.

 

Das Forschungsteam geht davon aus, dass künstliche Süßstoffe das Gehirn verwirren, indem sie ihm Signale der Süße senden, ohne die Kalorien zu liefern, die das Gehirn benötigt. Das bestätigt frühere Annahmen von Wissenschaftlern, dass das Gehirn das Signal aussendet, mehr zu essen, wenn die versprochenen Kalorien nicht ankommen. In der Praxis kann dieser Zusammenhang somit dazu führen, dass der Konsum von künstlichem Süßstoff sogar zu einer Gewichtszunahme führen kann, einfach dadurch, dass das Sättigungsgefühl ausbleibt oder gemindert wird.

 

Wussten Sie schon…

 

…dass künstliche Süßstoffe in der Lebensmittelindustrie bereits seit über 130 Jahren eingesetzt werden? So wurde 1878 der erste Süßstoff Saccharin in Deutschland entdeckt.

stock.adobe / Dreava

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